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Zora Berweger

Greeting the Unseen

Kunsthalle

Einleitung

Das Schaffen von Zora Berweger (*1981, in Bern, CH, lebt und arbeitet in Leipzig, DE) umfasst Malerei, Zeichnung, Keramik, Installation, Skulptur, Fotografie und Licht. Ihre multimedialen Arbeiten speisen sich aus einem Vokabular geometrischer Grundformen und archaisch anmutender Gegenstände sowie einer der Natur entlehnten Formgebung. 

Mit minimalen Mitteln und präziser Materialisierung inszeniert Zora Berweger ihre Arbeiten als räumliche Setzungen. Sie untersucht den Ausstellungsort wie einen Bildraum, spielt mit Massstäblichkeit, Konstellationen oder Verschiebungen und setzt die unterschiedlichen Medien in Beziehung. Eigenheiten von Körpern, Oberflächen und Stofflichkeit vereinen sich in ihren Werken mit der Wahrnehmung von Licht und Farbe und erhalten dadurch eine veränderte Präsenz. 

Inspiriert von den räumlichen Gegebenheiten der Kunsthalle Appenzell orientiert sich die Künstlerin an der Figur eines Gewächses. Sie fokussiert Funktionen, Potenziale und Zuordnungen von verschiedenen Bestandteilen einer Pflanze und schafft Kombinationen, die stets auch auf das Ungesehene und Verborgene verweisen. Während im Erdgeschoss das Wurzelwerk, welches als Teil einer Pflanze in der Erde verankert ist und unserem Blick grösstenteils verborgen bleibt, als inhaltlicher und formaler Ausgangspunkt dient, ist es im mittleren Saal das Zentrum eines Gewächses, wo Nährstoffe gebündelt werden und die Kräfte zusammenfliessen. Im obersten Raum stehen Erscheinungsformen innerhalb unserer Atmosphäre sowie die Verbindung zum Kosmos im Zentrum.

Die einzelnen Lichtzeichen von Roots (2023), einer eigens für die Ausstellung geschaffenen Neoninstallation, bilden zusammen eine Art leuchtendes Wurzelsystem. Die Neonkörper erwecken mehrfache Assoziationen: Sie können an typografische Elemente, Schriftzeichen aus vergangenen Kulturen, möglicherweise an Hieroglyphen, Symbole, Antennen, Astwerke oder einfachste Werkzeuge erinnern. Roots verweist auf Kommunikationssysteme, wie zum Beispiel das der Pflanzen, die über ihre Wurzeln im Kontakt zueinander stehen, wobei nicht nur der Informationsaustausch von Bedeutung ist, sondern auch das Moment des Lauschens und Zuhörens.

Raum 1

Calluna vulgarisKutschera, L., Lichtenegger, E., Wurzelatlas mitteleuropaeischer Gruenlandpflanzen,  Band 2 / 1: Pteridophyta und Dicotyledoneae, Stuttgart / Jena / New York, Gustav Fischer Verlag, 1992, S. 851

Calluna vulgaris
Kutschera, L., Lichtenegger, E., Wurzelatlas mitteleuropaeischer Gruenlandpflanzen,  Band 2 / 1: Pteridophyta und Dicotyledoneae, Stuttgart / Jena / New York, Gustav Fischer Verlag, 1992, S. 851

SG Mit der Ausstellung Greeting the Unseen schaffst du einen konzeptuellen Bezug zu einem Pflanzengewächs. Wie verbinden sich deine Arbeit und die Ausstellung mit diesem Bild?

ZB Durch eine Freundin bin ich vor ein paar Jahren auf ein digitales Archiv alter Zeichnungen von Wurzelsystemen gestossen. Ich war augenblicklich fasziniert und berührt davon. Die Tatsache, dass oftmals der grösste Anteil einer Pflanze unseren Augen verborgen bleibt, und welche Schönheit sich offenbart, wenn man erstmal das gesamte (physische) Wesen einer Pflanze wahrnehmen kann, wird in diesen Zeichnungen offenkundig. Auch das Zusammenspiel dieser Bereiche, zwischen diesen polaren Zonen – die man zum Beispiel als sichtbar / verborgen, hell / dunkel, aufwärts / abwärts strebend, etc. benennen könnte – wird wahrnehmbar.
Als ich dann die Einladung zu dieser Ausstellung bekam und mir die Räume angesehen hatte, stiegen diese Zeichnungen der Wurzelsysteme unerwartet in mir hoch. Sie überlappten sich mit den Eindrücken der Architektur der Kunsthalle, den drei übereinanderliegenden Räumen.

SG Welche Bedeutung hat für dich der Ausstellungstitel Greeting the Unseen?

ZB Der Titel drückt eine innere Haltung aus, aus der meine Arbeiten entspringen – und wohl vieles in meinem Leben. Es ist dieses Interesse, oder die Freude daran, hinter die Dinge zu blicken, in die Tiefe oder Weite zu rufen und mit allen mir zugänglichen Sinnen wahrzunehmen, zu lauschen. «Greeting» meint hier, sich feierlich auf etwas auszurichten, sich dahin zu öffnen und zu lauschen. Denn der Gruss wird meist auch erwidert. «The Unseen» bezieht sich ebenso auf die feinstofflichen Bereiche wie auch auf die schlicht und einfach unbeachteten Bereiche, auf das Verborgene oder das, was uns physisch gesehen nicht zugänglich ist.

Skizze der Lichtzeichen von Roots (2023)

Skizze der Lichtzeichen von Roots (2023)

SG Ein zentrales Werk, das den Beginn der Ausstellung markiert, ist Roots (2023). Wie ist die Neoninstallation entstanden?

ZB Der Ausgangspunkt war der Ausstellungsraum selbst und die Vision, diesen Raum dem Wurzelwerk sowie den Gefilden im Erdinneren zu widmen. Die Idee zu der Neoninstallation ist so blitzartig aufgetaucht, dass ich kaum davon erzählen kann. Es war einfach klar, sowohl das Medium als auch die Anmut der Formen. Dann begann der Prozess der Umsetzung, wie – nebst allen technischen Abklärungen – das Zeichnen, Auswählen und Abstimmen der einzelnen Konturen. Für mich macht das Medium Licht hier viel Sinn. So trägt zum Beispiel die Bewegung des Grüssens (Greeting) auch Licht mit sich, es ist, als würde man einen Lichtstrahl aussenden. Dann wiederum, wenn ich den Antworten lausche, tauchen aus der Erde vielfache Lichter auf, wie etwa das Mineralreich, welches zurückfunkelt. Das Kommunizieren an sich könnte man auch als Lichtaustausch betrachten.

ohne Titel (evolve), 2019Neon, Edition 3 + 1AP / courtesy the artist / Foto: Zora Berweger

ohne Titel (evolve), 2019
Neon, Edition 3 + 1AP / courtesy the artist / Foto: Zora Berweger

SG Licht ist ein Material, das immer wieder in deiner Praxis auftaucht. Wie unterscheidet sich die Arbeit mit Licht von der mit anderen Materialien?

ZB Einerseits spielen die tatsächlichen Materialien eine Rolle – Glas, Kabel, Transformer. Es bringt etwas Industrielles, Glattes, Kühles, Technisches mit sich. Das empfinde ich als wohltuende und wichtige Ergänzung oder Erweiterung innerhalb meines Werkes. So auch die durch das Medium bedingte Formgebung: die Klarheit von Linien, deren zeichenhafte Wirkung. Auch die Tatsache, dass ich die Anfertigung extern in Auftrag gebe, macht für mich einen grossen Unterschied.
Und dann ist da das Licht an sich, die Wirkung des Mediums, welches wiederum beinahe eine konträre Wirkung zu dem eben Beschriebenen hat. Es wirkt entgrenzend, ist immaterieller Natur. Es durchschreitet die Grenzen von Fläche und Raum, Form und Formlosigkeit. So gesehen nimmt es in mehrfacher Hinsicht eine überaus verbindende Rolle ein. Gleichzeitig kann es auch als entrückt wahrgenommen werden. Dieses Oszillieren hat etwas Aufregendes an sich. Zudem finde ich Licht im Hinblick auf Farbe spannend, denn es macht diese für unsere physischen Augen auf eine Weise sichtbar, wie man sie innerlich erleben kann.

Raum 2

grounding, 2016Acryl, Bambusstäbe, Gips, Glas, Kokosfaser, Öl, Pappmaché, Salzteig, Schlagmetall, Spachtelmasse

grounding, 2016
Acryl, Bambusstäbe, Gips, Glas, Kokosfaser, Öl, Pappmaché, Salzteig, Schlagmetall, Spachtelmasse

SG Für deine künstlerische Auseinandersetzung sind die Räume, in denen du deine Arbeiten zeigst, von Bedeutung. Wie gehst du vor, wenn du ein neues Ausstellungsprojekt beginnst?

ZB Bevor ich ein neues Ausstellungsprojekt oder auch eine neue Arbeit angehe, lausche jeweils nach innen. Ich stelle mir Fragen dazu und schaue, was auftaucht. Es sind Impulse, die ich wahrnehme und die sich von innen heraus ausdehnen, mich leiten und schlussendlich Formen finden. Es ist unterschiedlich, wie sich diese Impulse zeigen. Immer wieder sind es bereits konkrete innere Bilder, zum Beispiel einer Skulptur oder eines Materials, manchmal ist es eher ein inneres Wissen, das mich wie ein Duft durch den Entstehungsprozess führt. Und manchmal ist es so, dass etwas auftaucht, was ich später im Prozess immer wieder befragen kann; eine Art Begleiter. Ich finde, es ist eine sehr effiziente und gleichzeitig freie Art zu arbeiten. Denn ich fühle dabei sehr schnell und klar, wo der Fokus liegt, was die Essenz ist, wo es langgeht, ohne jedoch die eigentliche Werkentstehung zu stark zu kontrollieren. So gibt es trotzdem viel Spielraum fürs Mäandern, im direkten Austausch mit Farbe, Form und Material – was mir sehr wichtig ist.

SG Du hast ein starkes Interesse für Materialien und eignest dir immer wieder neue Techniken an, um Arbeiten mit Werkstoffen zu schaffen, mit denen du bislang nicht gearbeitet hattest. Wie wichtig ist dir die Auseinandersetzung mit dem Materiellen und der Ausführungstechnik?

ZB Meist lasse ich mich von einer Ahnung führen und versuche dann, das Material und Medium zu finden, das ihr am allernächsten kommt. Auf diese Weise gerate ich häufig an für mich neue Werkstoffe und Umsetzungen. Das ist manchmal sehr unangenehm, bin ich doch immer wieder eine totale Anfängerin dabei. Gleichzeitig hat diese Unbedarftheit der Anfängerin eine grosse Kraft. Da weht zuweilen ein Wind der Freiheit und Experimentierfreude. In dieser Ausstellung trifft diese Vielfalt meiner Werke aufeinander und es ergibt sich ein Zusammenschwingen, das erlebt werden kann, worauf ich mich besonders freue.

ohne Titel (green heart), 2019Bast, Draht, Gips, Pigment / courtesy the artist / Foto: Zora Berweger

ohne Titel (green heart), 2019
Bast, Draht, Gips, Pigment / courtesy the artist / Foto: Zora Berweger

SG Was mir an deinen Werken auffällt, ist deine Arbeit mit dem Fragmentarischen. Man trifft auf einzelne reduzierte Elemente, die präzise Setzungen im Raum darstellen. Was ist dein Interesse am Fragment?

ZB Ich denke, da gibt es verschiedene Zugänge. Wenn man einzelne Fragmente herauslöst und ihnen genug Raum gibt, können sie plötzlich zum Sprechen kommen, wie es ihnen sonst kaum möglich ist, beziehungsweise kann man ihnen so als Betrachter*in erst richtig gut zuhören. Das interessiert mich. Es ist eine Liebe für die einzelnen Erscheinungsformen. Bei den räumlichen Setzungen von Fragmenten erlebe ich es so, dass die einzelnen Dinge vollständig präsent sind und sich durch ihr Zusammenspiel ein feiner Tanz ergibt, auch in Kombination mit dem umherschweifenden Blick der Betrachtenden – wie verschiedene Lichter, die miteinander, nacheinander und überlappend kurz aufleuchten, abblenden und erneut aufblitzen.

snake, transforming (8 trigrams), 2023Acryl, Pappmaché auf Alu-Dibond

snake, transforming (8 trigrams), 2023
Acryl, Pappmaché auf Alu-Dibond

SG Für die Ausstellung hast du zwei grosse Reliefs realisiert: snake, transforming (8 trigrams) und wales, connecting (8 trigrams) (beide 2023). Sie erinnern mich an geheimnisvolle Motive, Zeichen und Bilder erloschener Kulturen, wie die der Inka, Maya und Azteken. Während bei anderen Arbeiten formale Aspekte in Relation zum Raum herausstechen oder sich Erscheinungsformen der uns umgebenden Welt auf den Oberflächen manifestieren, wird hier eine Symbolik erkennbar. Wie gehst du in deiner Arbeit mit Zeichensystemen um?

ZB Wahrscheinlich habe ich dazu einen eher unkonventionellen Zugang. Für mich unterscheiden sich Symbole und Zeichen gar nicht so sehr von anderen Erscheinungsformen. Was mich interessiert, ist das Wesen beziehungsweise die zugrundeliegende Kraft wahrzunehmen. Ich verstehe Zeichen und Symbole als einen unmittelbaren Ausdruck einer bestimmten Information, die man «lesen» kann – bewusst oder unterbewusst. Natürlich gibt es in Bezug auf die Wirkungskraft Unterschiede; nicht alle Zeichen sind gleich deutlich oder gebündelt. Manche transportieren kulturelle Prägungen, und wie etwas empfangen wird, bildet auch eine wichtige Komponente. Doch Symbole transportieren etwas Allgemeingültiges und grenzen sich von individualisierten Erscheinungsformen ab. Dies schätze ich in meinem Schaffen insofern, als dass sie die Verbindung allen Lebens betonen.

SG Daneben sehen wir eine neue Plastik, die ausschaut wie ein Hügel. Welcher Schaffens- und Produktionsprozess geht dem Werk voraus?

ZB Breathing, catalysing (2023) ist eine Arbeit, die thematisch dem Zentrum gewidmet ist. Im Bild der Pflanze ist es die Knolle oder der Übergang zum Stamm, bei uns Menschen könnte man vom Bauchraum oder auch vom Herzen sprechen. Es ist der Ort der Bündelung, da wo alles zusammenfliesst, wo Himmel und Erde aufeinandertreffen, Polaritäten interagieren und wo die Alchemie, die Transformation geschieht. Für mich war klar, dass ich in diesem mittleren Raum etwas direkt in die Mitte setzen möchte. Etwas, das sowohl das Zentrum als auch den Innenraum, das Innere, diesen Pool der Gärung betont. Das war der Grundimpuls zu dieser Arbeit.

SG Welche Rolle spielt die Natur in deiner künstlerischen Arbeit?

ZB Das zeigt sich in unterschied-lichen Aspekten. Zum einen nutze ich die Natur, um mich selbst zu nähren und aufzutanken. Dann gibt es für mich die Empfindung, dass sich meine Werke nicht ausschliesslich an die Menschen richten, sondern dass sie durchaus auch mit der Erde, den Mineralien, dem Tier- und Pflanzenreich in Verbindung treten und kommunizieren. So gesehen fühle ich mich auch durch das Kunstmachen und im Schaffensprozesssehr mit der Natur verbunden. In der Natur verspüre ich etwas Ursprüngliches, etwas das nichts sein will, sondern einfach ist. Dies übt eine grosse Anziehung auf mich aus. Am liebsten ist mir der Gedanke – auch wenn wir anders konditioniert sind –, dass wir Menschen Teil der Natur sind.

Raum 3

water bodies, 2021Epoxydharz, Gips, Gummi, Styropor

water bodies, 2021
Epoxydharz, Gips, Gummi, Styropor

SG Du schaffst in deiner Arbeit Objekte, die auf vertraute Dinge aus der uns umgebenden Welt verweisen und dennoch in ihrer zeichenhaften Reduktion distanziert oder entrückt bleiben. Ich denke zum Beispiel an water bodies (2021). Welche Kriterien sind für deine Entscheidung, welche Elemente du miteinander in Beziehung setzt, von Bedeutung?

ZB Etwas, das mich fasziniert, ist die Geometrie, die allen Erscheinungsformen zugrunde liegt. Diese ganz essenziellen Formen, wie die gerade Linie, der Bogen, die Kugel, das Dreieck, der rechte Winkel usw., strahlen für mich eine urtümliche Kraft aus, die mich an den Ursprung und auch Zusammenhalt allen Lebens erinnert. Gleichzeitig gibt es diese unglaubliche Vielfalt an Erscheinungsformen und jede einzelne ist höchst spezifisch. Ein Esel hat zum Beispiel eine andere Ausstrahlung und Wirkkraft als eine Schnecke. Ich habe mir das bisher noch nie so genau überlegt, aber ich nehme an, dass ich häufig die Dinge aus der umgebenden Welt in meine Werke hole, die beide dieser genannten Aspekte zum Ausdruck bringen.

SG Die Bilder der Serie Cat’s Traces (2022) täuschen beinahe über ihr Abbild hinweg und wirken wie reelle Rauminstallationen. Was interessiert dich daran, räumliche Setzungen fotografisch zu präsentieren?

ZB Im besten Fall betrachte ich meine Arbeiten, insbesondere die Installationen, aus einem Raum der Stille heraus. Die Stille ermöglicht es mir, offen, frei, leer zu sein und mich mit den Dingen verbinden zu können. Oftmals sind jedoch die räumlichen, örtlichen Bedingungen dafür nicht optimal – geschweige denn die eigenen inneren Gegebenheiten. Zudem habe ich auch festgestellt, dass es für manche Menschen noch schwieriger wird, still zu werden, sobald sich der eigene Körper und damit die Bewegung in Bezug zum Kunstwerk setzt. So wurde mein Interesse an der inszenierten Fotografie geweckt. Ich war neugierig, was die Fotografie in Bezug auf die Stille kann. Denn die Fotografie hat die Eigenschaft, den Raum in sich selbst zu tragen, quasi starr oder definiert. Auch der Blick des oder der Betrachtenden ist darin bereits vorgegeben. Das sind also spezifische Voraussetzungen, die das Medium Fotografie mit sich bringt und die es ermöglichen, einen Blick in den Raum zu werfen. Möglicherweise werden die Betrachter*innen von diesem stillen Raum angezogen, in ihn hineingezogen – oder aber die Stille dehnt sich bis in den physischen Raum aus.

SG Wie du sagst, ist eine Ausstellungsbegehung nicht nur durch Materie und Raum bestimmt, sondern auch durch den eigenen Körper, der sich in Beziehung zu den Elementen setzt. Wie wichtig ist für dich der menschliche Körper?

ZB Der menschliche Körper ist mir in vielerlei Hinsicht wichtig. Zum einen kann man ihn als feste Materie verstehen, genauso wie ein Gemälde, eine Skulptur, eine Pflanze, den Planeten Erde, wie all die grobstofflichen Erscheinungsformen. Er ist genauso manifest in Form, Farbe, Beschaffenheit. Ich finde es spannend, mit und durch den Körper wahrzunehmen, was ein Kunstwerk bewirkt. Insbesondere bei meinen Installationen empfinde ich den Bezug zum Körper als elementar und einfach zugänglich. Der Körper wird direkt angesprochen, nicht unbedingt als Mitspieler, aber als einer, der eingeladen ist, das Spiel und dessen Auswirkungen hautnah mitzuverfolgen.

ohne Titel (nature), 2023Öl, Sand, Spachtelmasse auf Leinwand / courtesy the artist / Foto: Zora Berweger 

ohne Titel (nature), 2023
Öl, Sand, Spachtelmasse auf Leinwand / courtesy the artist / Foto: Zora Berweger 

SG Du hast ursprünglich Malereien geschaffen, arbeitest jedoch in der Zwischenzeit in verschiedenen Medien. Welche Rolle spielt die Malerei noch in deiner Arbeit?

ZB Wenn ich das wüsste! Nun, ich vermute, dass ich zukünftig wieder vermehrt auch zur Malerei finden werde. In den letzten Jahren war es so, dass ich mich darin weniger frei gefühlt habe als in den dreidimensionalen Medien – das lag am Entstehungsprozess. Dennoch habe ich mich immer wieder mal an mehrere kleine Leinwände gesetzt und eine davon ist nun dieses Jahr fertig geworden. Ein wichtiger Zugang zur Malerei ist für mich auf jeden Fall die Farbe, und dieser Zugang verliert sich zum Glück nicht. Es ist auch interessant, wie sich das Fragmentarische ebenso in meinen Malereien wiederfindet, es dort aber irgendwie anders zu wirken/funktionieren scheint. Mir kommt es vor, als bildeten dort die einzelnen Fragmente eine Art räumliches Feld.

SG Während der Ausstellungsdauer wirst du dreimal – in jedem Stockwerk einmal – eine geführte Meditation anbieten. Was erwartet die Besucher*innen?

ZB Ich möchte die Ausstellung, das Zusammenspiel der Werke in diesen Räumlichkeiten sowie die Thematik der einzelnen Stockwerke – im Grunde genommen die gesamte Atmosphäre, die sich durch diese Ausstellung ergibt – nutzen, um die Besucher*innen auf innere Reisen in mehrheitlich ungesehene und für unsere physischen Körper schwer zugängliche Gefilde einzuladen.

Bio

Die Berner Künstlerin mit Appenzeller Wurzeln Zora Berweger (*1981 in Bern geboren und aufgewachsen, lebt und arbeitet in Leipzig, DE) absolvierte eine Ausbildung zur Theatermalerin und begann danach ein Studium für Textildesign an der Hochschule für Gestaltung und Kunst in Luzern, bevor sie 2006 nach Leipzig zog, um als freischaffende Künstlerin zu arbeiten.

Berweger hatte zahlreiche Einzel- oder Doppelausstellungen in Europa. 2022 wurde die Künstlerin mit dem «Neustart Kultur»-Stipendium der Stiftung Kunstfonds; 2021 mit einem Arbeitsstipendium der Stadt Leipzig und 2020 sowie 2013 mit einem Werkbeitrag der Ausserrhodischen Kulturstiftung ausgezeichnet.

Nächste Ausstellung

Impressum

KURATORIN
Stefanie Gschwend

TEAM
Anna Beck-Wörner, Regina Brülisauer, Stefanie Gschwend, Christian Hörler, Christian Meier, Claudia Reeb,
Madleina Rutishauser

AUSSTELLUNGSUMBAU
Christian Hörler, Christian Meier mit Ueli Alder, Roswitha Gobbo, Dominik Hull, Carina Kirsch, Niklaus Ulmann

BESUCHER*INNENBETREUUNG
MUSEUM ATTENDANTS Raphaela Böhi, Dominique Franke, Margrit Gmünder, Roswitha Gobbo, Margrit Küng, Barbara Metzger, Cristina Mosti, Madleina Rutishauser, Melanie Scherrer

TEXT
Stefanie Gschwend

LEKTORAT
Michaela Alex-Eibensteiner

ÜBERSETZUNG
Katja Naumann

COURTESY
Courtesy the artist
Fotos: Zora Berweger

GRAFIK
Data-Orbit / Michel Egger, St.Gallen

DANK
Zora Berweger, Liz Craft, Paul-Aymar Morgue d’Algue, Paul Bernard, Laura Weber, Team Kunsthaus Pasquart / Centre dʼédition contemporaine, Genf, Fonds cantonal dʼart contemporain, Genf, Galerie Loevenbruck, Paris, MAMCO, Genf, Swana Mourgue dʼAlgue, Neue alte Brücke, Frankfurt, Sébastien Peyret, FR, Anne Shelton Aaron und Leihgeber*innen, die nicht namentlich genannt werden möchten

ZORA BERWEGER – GREETING THE UNSEEN WURDE FREUNDLICH UNTERSTÜTZT VON
Stiftung Erna und Curt Burgauer

Zora Berweger
Greeting the Unseen
Kunsthalle
Calluna vulgarisKutschera, L., Lichtenegger, E., Wurzelatlas mitteleuropaeischer Gruenlandpflanzen,  Band 2 / 1: Pteridophyta und Dicotyledoneae, Stuttgart / Jena / New York, Gustav Fischer Verlag, 1992, S. 851

Calluna vulgaris
Kutschera, L., Lichtenegger, E., Wurzelatlas mitteleuropaeischer Gruenlandpflanzen,  Band 2 / 1: Pteridophyta und Dicotyledoneae, Stuttgart / Jena / New York, Gustav Fischer Verlag, 1992, S. 851

Skizze der Lichtzeichen von Roots (2023)

Skizze der Lichtzeichen von Roots (2023)

ohne Titel (evolve), 2019Neon, Edition 3 + 1AP / courtesy the artist / Foto: Zora Berweger

ohne Titel (evolve), 2019
Neon, Edition 3 + 1AP / courtesy the artist / Foto: Zora Berweger

grounding, 2016Acryl, Bambusstäbe, Gips, Glas, Kokosfaser, Öl, Pappmaché, Salzteig, Schlagmetall, Spachtelmasse

grounding, 2016
Acryl, Bambusstäbe, Gips, Glas, Kokosfaser, Öl, Pappmaché, Salzteig, Schlagmetall, Spachtelmasse

ohne Titel (green heart), 2019Bast, Draht, Gips, Pigment / courtesy the artist / Foto: Zora Berweger

ohne Titel (green heart), 2019
Bast, Draht, Gips, Pigment / courtesy the artist / Foto: Zora Berweger

snake, transforming (8 trigrams), 2023Acryl, Pappmaché auf Alu-Dibond

snake, transforming (8 trigrams), 2023
Acryl, Pappmaché auf Alu-Dibond

water bodies, 2021Epoxydharz, Gips, Gummi, Styropor

water bodies, 2021
Epoxydharz, Gips, Gummi, Styropor

ohne Titel (nature), 2023Öl, Sand, Spachtelmasse auf Leinwand / courtesy the artist / Foto: Zora Berweger 

ohne Titel (nature), 2023
Öl, Sand, Spachtelmasse auf Leinwand / courtesy the artist / Foto: Zora Berweger 

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